Die Saison 2021/22 ist am letzten Samstag zu Ende gegangen. Ihr konntet euch bereits drei Spiele vor Saisonende den Klassenerhalt sichern. Wie sieht dein persönliches Saisonfazit aus?
Uwe Jungandreas: Für uns gab es ein klares Saisonziel und das hieß Klassenerhalt. Wenn man das wie wir drei Spieltage vor Schluss erreicht hat, dann kann man mit der Saison insgesamt zufrieden sein.
Für einen Trainer steht die Leistung der gesamten Mannschaften immer an erster Stelle. Gibt es dennoch Spieler, die in dieser Saison besonders herausstachen oder eine besondere Entwicklung gezeigt haben?
Uwe Jungandreas: Über die Saison gesehen hat jeder Spieler seinen Anteil an der insgesamt guten Gesamtleistung. Das geht bei den Torhütern los, die speziell in der Rückrunde und Endphase der Saison sich sehr gut ergänzten. Julian Malek hat lange gebraucht, um zu seiner Form zu finden und zum Schluss, als wir ihn brauchten, war er da. Philip Ambrosius hat vielleicht nicht so konstant gespielt wie in der letzten Saison, jedoch hatte auch er viele sehr gute Spiele dabei gehabt. Bei den Feldspielern hat Jakub Hrstka wieder eine überragende Saison gespielt. Er ist die Zuverlässigkeit in Person mit einer unglaublichen Wurfeffektivität von über 81 %. Dazu die Rückraumspieler wie Vincent Sohmann, der gerade in der Rückrunde als Kapitän deutlich an Profil gewonnen hat. Ganz wichtige Spieler waren zudem Timo Löser und Max Emanuel. Die vielleicht größte Entwicklung hat Tillman Leu vorgenommen. Er kam als Nobody zu uns. Ein Spieler mit großem Potenzial, der in Schwerin nicht einmal Stammspieler war und sich mittlerweile zu einer Stütze entwickelte.
Du hast es bereits oft erwähnt, dass du gerade mit der Leistung in der Rückrunde zufrieden warst. Das Team hat Charakter gezeigt und in vielen Spielen sich nach Rückständen zurückgekämpft. Was sind die Gründe, warum es in der Rückrunde besser lief als noch in der Hinrunde?
Uwe Jungandreas: Wir sind gut in die Saison gestartet und hatten dann unseren typischen Hänger ab Mitte November / Anfang Dezember, was natürlich Gründe hatte. Wir hatten einen extrem engen Terminkalender und viele verletzte Spieler, was dazu führte, das wir zwischenzeitlich ein wenig ins strudeln gekommen sind. Nach der Winterpause hatten wir gut angefangen und das Spiel in Rimpar gewonnen. Trotz der darauf folgenden Coronapause, wo 14 Spieler betroffen waren und wir faktisch fast drei Wochen raus waren, ist es uns gelungen, noch mal eine unglaubliche Physis aufzubauen, ohne die Spieler mit irgendwelchen Dingen im Training zu nerven, sondern mit einfachen Dingen, die Spaß machen sollten. Wir haben es somit neben dem Punktspielmodus geschafft, noch mal im athletischen Bereich extrem zu zulegen und dann kam mit den Erfolgen auch das Selbstbewusstsein dazu. Ich habe immer gesagt, gerade in der Endphase der Saison ist eine überdurchschnittliche Physis viel wichtiger als jeder kleine taktische Kniff und das hat den Ausschlag gegeben. In dieser Phase haben wir bemerkenswerte Ergebnisse erzielt.
Luka Baumgart stieß bereits mit Beginn der Rückrunde zum DRHV. Ein vorzeitiger Wechsel, der sich in deinen Augen bezahlt, machte?
Uwe Jungandreas: Definitiv ist dies ein weiterer Grund für unsere starke Rückrunde. Wir hatten die Problemzone Abwehr, wo wir lange Zeit nicht diese Festigkeit und diese Dominanz erreicht hatten, um unsere größte Stärke, das Tempospiel auch entsprechend zur Geltung zu bringen. Mit Luka Baumgart haben wir einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Er hat die Abwehr vom ersten Tag an stabilisiert und war ein wichtiger Faktor in der Rückrunde.
Welche Rolle spielte generell die Belastung für die Spieler in dieser Saison?
Uwe Jungandreas: Natürlich war die Belastung in dieser Saison hoch. Es gibt ja aktuell die Diskussion im Zusammenhang mit Motor Zaporozhye, weil man mal gesagt hatte, dass 18 Mannschaften wieder das Ziel sein sollte, da die Belastung zu hoch ist. Ich habe jedoch den Standpunkt, dass 20 Mannschaften nicht zu viel sind für diese Liga. Speziell in dieser Spielzeit hatten wir so wie auch andere Mannschaften Monate gehabt, wo wir teilweise acht oder neun Spiele hatten und man hat gesehen, dass uns das nicht umhaut. Damit man das sehr gut wegsteckt, muss man natürlich immer von Woche zu Woche schauen und die Belastung dementsprechend dossieren.
Du hattest zu Saisonbeginn gesagt, dass es die stärkste 2. Handball-Bundesliga aller Zeiten ist. Hat sich diese Aussage bewahrheitet?
Uwe Jungandreas: Das kann man mit Sicherheit so sagen. Diese Ausgeglichenheit und Stärke war schon frappierend, wenn man überlegt, dass sich bis drei Spieltage vor Schluss die halbe Liga im Abstiegskampf befand. Mannschaften wie Nordhorn, Bietigheim, Ludwigshafen so wie auch Hamm als Aufsteiger hatten nicht diese Dominanz, die man vielleicht vorher erwarten konnte, deshalb kommt auch diese hohe Punktzahl aller Mannschaften zustande, weil Ergebnisse zustande gekommen sind, die vorher nicht vorauszusehen waren. Was wiederum in erster Linie nicht mit der Schwäche dieser Mannschaften zusammenhängt, sondern vielmehr mit dieser extrem starken Ausgeglichenheit der Liga.
Es war deine erste Saison beim DRHV mit einem Co-Trainer an deiner Seite. Was hat sich dadurch für dich geändert und wie muss man sich eure Zusammenarbeit vorstellen?
Uwe Jungandreas: Auf diesem Niveau kann das keiner mehr allein schultern. Die ganze Geschichte ist viel zu komplex geworden, um das allein zu bewältigen: das Training, die Spielvorbereitung, die Videoanalyse, die Nachbereitung der Spiele. Alles Sachen, die nicht mehr allein gehen und da war es natürlich ein riesiger Zugewinn, dass wir Vanja zu uns holen konnten. Seine Kompetenz in puncto Spielanalyse und Videoanalyse hat mir viel abgenommen. Zudem gab es durch ihn neue Impulse in der Trainingsarbeit.