Ein besonderes Jubiläum feiert heute unser Cheftrainer Uwe Jungandreas: Seit zehn Jahren ist er beim Dessau-Roßlauer HV im Amt – ein wirklich beeindruckender Meilenstein, gerade im Profisport, in dem Kontinuität auf Trainerpositionen eher selten geworden sind. Was ihn so lange im Verein gehalten hat, welche Ziele er verfolgte und welche Erfolge ihn und den DRHV 06 in dieser Zeit geprägt haben, erzählt der Trainer in einem Rückblick auf seine Dekade in Dessau-Roßlau.
Eigentlich hätte er die Biber bereits zum Start der Saison 2014/15 übernehmen sollen, doch seine Verpflichtung sollte sich um einige Monate verzögern. „Ich stand schon länger mit dem Verein in Kontakt, aber durch die wirtschaftliche Situation, die hier herrschte, hat sich das immer weiter nach hinten verschoben“, erinnert sich Jungandreas. Für den damaligen Drittligisten glich die Verpflichtung eines Trainers mit Bundesligaerfahrung einer kleine Sensation: Jungandreas hatte Jahre zuvor den SV Concordia Delitzsch in die Bundesliga geführt, den SC DHfK Leipzig in die zweite Liga und war beim SC Magdeburg in der Handball-Bundesliga aktiv. Trotz einiger Warnungen aus seinem Umfeld nahm er die Herausforderung an. Der Hauptgrund war naheliegend: „Ich habe meine Arbeit immer von meinem Wohnort Delitzsch abhängig gemacht, da bot sich Dessau an. Ich kannte den Verein gut und war schon immer der Meinung, dass Zweitligahandball in Dessau-Roßlau möglich ist.“
Bereits in seiner zweiten Saison führte Jungandreas den DRHV 06 dann auch in die 2. Handball-Bundesliga – ein Erfolg, der für den Verein einen sportlichen Wendepunkt markierte. Der Aufstieg, war laut Jungandreas deshalb möglich, weil die Mannschaft „in einem Zustand war, das durchzuziehen.“ Öffentlich kommuniziert hatte er es damals nicht: „Ich habe das den Spielern vielmehr im Laufe der Saison sanft beigebracht, sodass sie selbst daran glaubten, das der Aufstieg möglich ist.“ Weitere Höhepunkte waren der sofortige Aufstieg nach dem Abstieg in der Saison 2019/20 sowie die äußerst erfolgreiche Saison 2022/23, in der der Verein den Aufstieg in die Handball-Bundesliga nur knapp verpasste. Doch es gab auch schwierige Zeiten, etwa der Abstieg in die 3. Liga 2019 oder die Corona-Pandemie, die die Saison 2019/20 überschattete. „Sportlich war der zweite Aufstieg ein Erfolg, aber die Umstände mit Corona haben vieles überschattet. Es fehlten die ganzen Emotionen. Wir hatten uns damals Nachrichten geschrieben uns beglückwünscht und uns zu Hause ein Bier aufgemacht. Das war es dann“, so Jungandreas.
Persönlich geprägt habe ihn vor allem die Zeit nach seiner Entlassung in Leipzig, wo er viel Zeit zur Selbstreflexion hatte und seine anschließende Tätigkeit beim SC Magdeburg: „Gerade in Magdeburg, wo von Beginn an klar war, dass es eine kurze Zeit werden würde, musste ich ganz anders an die Dinge herangehen, was mich sehr geprägt hat.“ Ansonsten waren die Jahre hier beim Dessau-Roßlauer HV von vielen positiven wie auch einigen negativen Herausforderungen geprägt. Das war neben der Abstiegssaison 2018/19 auch die letzte Spielzeit, wo man keine gute Hinrunde spielte, dann aber eine starke Rückrunde hinlegte. Eine Schlüsselrolle in seiner Arbeit spielten und spielen immer die Beziehungen zu seinen Spielern. Gerade bei Spielern mit denen er sehr lange zusammenarbeiten durfte, habe sich eine tiefe Verbundenheit entwickelt: „Wenn man viele Jahre gemeinsam durch Höhen und Tiefen geht, man gegenseitig alle Seiten kennenlernt und sich dann immer in die Augen schauen kann, dann ist das etwas sehr Schönes.“
Der DRHV 06 hat sich in der Zeit unter Jungandreas nicht nur sportlich, sondern auch strukturell weiterentwickelt. Ein Punkt, der ihm seit Tätigkeitsbeginn neben der sportlichen Entwicklung besonders wichtig war. Von Beginn an sei der Aufbau eines stabilen Vereins und vor allem die Schaffung einer Basis im Nachwuchsbereich sein strukturelles Ziel gewesen. Dabei ging und geht es ihm nicht primär darum, den nächsten Zweitligaspieler hier zu entwickeln, sondern generell um einen starken Verein mit einer breiten Jugendarbeit aufzubauen. „Vor vier Jahren habe ich gesagt, dass ich meine weitere Arbeit davon abhängig mache, dass der Verein weiter wächst. Mit der Verpflichtung von Co-Trainer Vanja Radić im Sommer 2021 und der damit einhergehenden Gründung der Biber-Akademie sind wir seitdem auf einem guten Weg. Heute können wir sagen, dass wir auch aufgrund einer stetigen wirtschaftlichen Entwicklung auf ganz anderen Füßen stehen als es damals der Fall war“, so Jungandreas.
In den vergangenen zehn Jahren hat er nicht nur Veränderungen im Handball erlebt, sondern auch an sich selbst. Besonders seine eigene Einstellung hat sich gewandelt. „Ich bin heute deutlich ruhiger und entspannter,“ sagt er über sich selbst und führt das auch auf die positive Entwicklung seines Umfelds zurück. Doch an seiner Zielsetzung hat sich nichts geändert: Für ihn zählt nach wie vor nur immer das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Er betont, dass es im Leben wie im Sport selten möglich ist, Menschen und Gegebenheiten komplett zu ändern – es geht darum, das Beste aus jeder Situation herauszuholen. Auch seine Handball-Philosophie hat ihren Kern bewahrt: Eine stabile Defensive und ein schnelles Tempospiel sind für ihn das A und O. „Die Anpassungen im Regelwerk haben meine Spielweise sogar unterstützt,“ erklärt Jungandreas.
Eine besondere Beziehung hat der Trainer Uwe Jungandreas zur Fanszene des DRHV 06. Schon von Beginn an suchte er den direkten Draht zu den Anhängern und half mit, die Fanclubs zu einem unverzichtbaren Teil des Vereins zu machen. „Das ist wirklich etwas Besonderes,“ schwärmt er. „Egal ob in der Anhalt-Arena oder bei Auswärtsspielen – die Unterstützung ist immer da, selbst wenn es sportlich mal nicht rund läuft.“ Die Hingabe der Fans zeigt sich in vielen Momenten, wie er betont: „Selbst bei einem Auswärtsspiel in Konstanz nehmen viele die knapp 900 Kilometer auf sich, nur um hinter uns zu stehen. Das kann man gar nicht genug wertschätzen – das ist einfach richtig stark!“
Trotz aller Herausforderungen blickt Jungandreas optimistisch in die Zukunft: „Sportlich wünsche ich mir, dass wir unsere Saisonziele erreichen und die Spieler sich weiterentwickeln.“ Privat wünscht er sich vor allem Gesundheit für sich und seine Familie – und Frieden in der Welt: „Kein Mensch will Krieg und trotzdem wird er gemacht. Die Diplomatie kommt mir zur Zeit viel zu kurz. Da müssen wir wieder hin in der Welt.“
Anzeige