Als er die gelbe Karte zeigte, hatte er die Lacher auf seiner Seite und lockerte zudem gleich zu Beginn die ganze Atmosphäre auf. Markus Frank stand im Mittelpunkt, Höhe des Mittelkreises in der Anhalt-Arena. Der Chefdirigent der Anhaltischen Philharmonie und die gesamt Anhaltische Philharmonie begeisterten am Mittwoch die über 1000 Zuschauer – auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras – in der Arena bei der gelungenen Veranstaltung „Handball trifft Klassik“. Das Anhaltische Theater und der DRHV luden zu dieser Show ein.
Wahrscheinlich hielt sich das Publikum die Waage – eine Hälfte Theaterpublikum, eine Hälfte DRHV-Fans. Doch am Ende waren alle begeistert. In der Tat war die gesamte Show sehr kreativ, unterhaltsam und kurzweilig. Das lag vor allem an dem Programm. Zum besten gab die Anhaltische Philharmonie bekannte klassische Musik oder Klänge, die jeder aus der Sportwelt schon einmal gehört hat.
Eingestiegen, das „Warmmachen“ sozusagen, wie Hallensprecher Sören Buchwald es nannte, ist Markus Frank und sein Orchester mit Ludwig Beethovens fünfter Sinfonie. Es fiel auf, dass alle Musiker mit Turnschuhen die Halle betraten um an ihr Instrument, nicht dem Handball, so wie es sonst in der Anhalt-Arena ist, heranzutreten. Markus Frank lief mit einem blau-weißen DRHV-Schal ein. Der gesamte Theaterchor enterte mit den Trikots des DRHV die Bühne. Ein tolles Bild. Zwei Handballtore schmückten das Gesamtbild in einem passenden Szenario. Diese Details schafften eine perfekte Gesamtatmosphäre.
Videobeweis, Gelbe Karte aber keine zwei Minuten
Nur einige Sekunden nach dem Auftakt, hörten alle einen schiefen Ton – und wunderten sich. Markus Frank unterbrach das Spiel, wie ein Schiedsrichter und forderte mit eindeutiger Geste den Videobeweis. In der Wiederholung, langsam wurde das Stück mit dem eingebauten Fehler wiederholt, fand er heraus, wer das „Foul“ begangen hatte. Markus Frank verwarnte, wie eingangs erwähnt, den Übeltäter und zeigte, wie locker es am Mittwoch-Abend zugehen sollte.
Schon kurz darauf sollte das Highlight für alle mit einem blau-weißen Herz folgen. Die Hymne des DRHV, gesungen von Rex Hardy, ertönte in weitem Rund. Mit den Klängen des Orchesters und dem Chor, tauchte die Anhalt-Arena fast in die enthusiastische Stimmung ein, die man von den Handball-Heimspielen kennt. „Helden, wie wir. Das Herz schlägt blau-weiß“. Helden waren am Mittwoch-Abend alle anwesenden. Die Zuschauer waren voll dabei, sangen mit und machten mit. Chefdirigent Markus Frank hatte die Hymne auf sein Orchester umgewandelt. „Das hat volle drei Tage gedauert“, sagte er im Anschluss der Veranstaltung, „und es ist auch nicht immer so einfach. Aber es macht auch Spaß, es ist mal etwas anderes.“
Und die Arbeit hat sich gelohnt. Die Hymne des Dessau-Roßlauer HV so zu hören war extrem begeisternd und schön – einfach einzigartig. Und es ergab in der Anhalt-Arena ein Bild, das kaum mit Worten zu beschreiben ist.
Es folgten weitere musikalische Highlights, ehe Sören Buchwald die erste Halbzeit beendete und, wie man es gewohnt ist, zur Pause über 20 Minuten bat. Nach einer kurzen Erfrischung und Erholung ging es weiter. Das Programm sollte weitere Highlights bereit halten.
Besonders interessant war, zumal es eine völlig neue Konstellation war, die Interaktionen zwischen den „Black White Cats“, den Cheerleadern des SV Dessau 05, die in der Sporthalle zu den Heimspielen auch regelmäßig auftreten und der gesamten Philarmonie. Die Cheerleader stimmten zu der Filmmusik von Indiana Jones ihre Hebefiguren, Bewegungen und Aktionen harmonievoll ab, sodass es am Ende tatsächlich hervorragend zusammen passte.
Bobby Biber sollte dann tanzend auch noch seinen Auftritt haben. Ein weiterer kreativer Höhepunkt, ließ sich Markus Frank zu dem Stück von Leroy Anderson – „The syncopated clock“ einfallen. Dafür wurde die Hallenuhr auf 2.30 Minuten gesellt. Etwa nach 17 Sekunden bat der Dirigent sein Orchester zum Spielen, um mit der Sirene der Uhr pünktlich bei 0.00 fertig zu werden. Das Timing war perfekt, die Sirene ertönte lautstark direkt am Ende des Musikstücks. Einfach klasse!
Verbindung an die Anfield Road
Im Anschluss gab es die Überleitung zum Fußball. Doch die wohl bekannteste Fußball-Hymne der Welt, ertönt ja auch in so manchen Handball-Hallen, weil die Botschaft des Liedes einfach einzigartig ist: „You’ll never walk alone“. Zeitgleich spielte der FC Liverpool in der Champions-League Qualifikation gegen die TSG Hoffenheim an der Anfield Road. Und als das Lied 20.55 Uhr in der Anhalt-Arena ertönte, war übrigens Emre Can mit dem 1:0 für den FC Liverpool erfolgreich. Eine magische Verbindung wurde da wohl kurz nach Liverpool aufgebaut, auch wenn es am Ende negativ für die Hoffenheimer negativ war.
Den Abschluss der gelungenen Veranstaltung bildete erneut Rex Hardy mit der DRHV-Hymne. Es bot sich ein genau so tolles Bild, wieanfangs. Nur war diesmal der ein oder andere Zuschauer oder Fan textsicherer. Auch die gesamte Bundesliga-Mannschaft des DRHV zeigte sich unter Applaus noch ein mal vor dem Orchester.
Am Ende waren alle begeistert. So, in der Form, hatte sich wohl niemand die Veranstaltung ausmalen können. Wenn Handball auf Klassik trifft, dann ist das auch schwer. Aber das Theater lieferte ein schönes Programm. „Ich habe von allen bisher nur positive Rückmeldungen gehört“, freute sich DRHV-Präsident Ralph Hirsch, „das war eine absolut gelungene Veranstaltung, super unterhaltsam.“ Man hatte das Gefühl, dass alle Gäste überrascht waren, auch von der Anzahl an Gästen, so musste ein neuer Block aufgemacht werden. Viele waren wohl mit gemischten Gefühlen hin gegangen – und am Ende positiv gestimmt über den Erfolg. „Es hat mir richtig gut gefallen“, meinte Christoph Richter, Geschäftsführer des DRHV, „vor allem unsere Hymne einmal so zu hören, so anders, war fantastisch.“
Auch von Seiten des Theaters war man begeistert. „Es hat einfach Spaß gemacht“, freute sich Dirigent Markus Frank, „das Orchester war locker, das Publikum war locker. Da passt dann alles.“ Vor allem auch der Aspekt für alle Beteiligten auf der Bühne, dass sie das Publikum sehen konnten. „Im Theater ist es immer sehr dunkel, da guckt man ins Nichts und sieht keine Zuschauer. Heute war das anders, dann sieht man die Begeisterung und hat selber gleich viel mehr Freude“, meinte der Chefdirigent.
Und vor so einer tollen Kulisse natürlich noch mehr. Dessau-Roßlau, das Anhaltische Theater und der DRHV haben gezeigt, dass etwas Neues auch erfolgreich sein kann und dass alle Seiten etwas davon haben. Es ist eine neue Art der Zusammenarbeit. So wie es sein sollte. Denn nur zusammen geht es doch. Nur zusammen kann man am Ende erfolgreich sein. Ob auf dem Handballfeld, um Spiele zu gewinnen oder um etwas ins Rollen zu bringen.
Somit wäre auch das erste September-Wochenende doch schon perfekt verplant. Samstag-Abend um 19 Uhr geht es zum Eröffnungskonzert des Anhaltischen Theaters und der Anhaltischen Philharmonie unter freiem Himmel auf dem Vorplatz des Anhaltischen Theaters. Einen Tag später, am Sonntag, um 17 Uhr dann ab in die Anhalt-Arena zum ersten Heimspiel des DRHV. (fz)